Die Lendenwirbelsäule ist durch die Hebelwirkung der langen Extremitäten sehr großen Kräften ausgesetzt. In diesem unteren Bereich der Wirbelsäule wirken die größten Belastungen auf die Wirbelsäule. Wer im Alltag viel sitzt, sich wenig bewegt, vielleicht auch noch falsch schwere Dinge hebt, hat hier oft schmerzen. Die meisten Rückenschmerzen haben die Leute auch im unteren Rücken.
In der Yogapraxis machen wir „automatisch“ viel für den unteren Rücken, für den Rücken an sich. Hier möchte ich ein paar Asanas beispielhaft aufführen, um das Bewusstsein dahingehend zu schärfen. Sprich was ist nach meinem Wissen und meiner Erfahrung warum für unseren unteren Rücken gut.

Körperwahrnehmung & Mobilisation

Ein schöner Beginn für die Praxis wäre zum Beispiel gemütlich und entspannt auf dem Rücken zu liegen und den Atem tief und vollständig fließen zu lassen. Die Atemräume von Brust und Bauch zu nutzen und dabei bewusst auch in den unteren Rücken hinein zu atmen – so dass sich dieser mehr in Richtung Matte ausdehnt.
Der untere Rücken freut sich und im Gehirn schaffen wir dadurch mehr Repräsentationsfläche (Bewusstsein) für diesen Bereich.

savasana

Anschließend können die Beine aufgestellt werden und das Becken wird sanft vor und zurück gekippt – so, dass einmal der ganze Rücken aufliegt und sich der untere Rücken wieder löst. Mit dieser Mobilisation, bzw. immer wenn wir auf diese Art Bewegung in den Lendenbereich hineinbringen, können wir den unteren Rücken lockern, leichte Verspannungen lösen oder vorbeugen. Liegt der ganze untere Rücken auf, entsteht mehr Raum in den unteren Wirbeln, in der kleinen Hohlkreuzposition werden sie mehr „gestaucht“ es entsteht mehr Kompression.

Das Beckenkippen kann zu Beckenkreisen erweitert werden. Dabei kippt das Becken in alle vier Richtungen, vor – seitlich – rück – seitlich, die zu einem Kreis verbunden werden. Dadurch bekommt der untere Rücken eine kleine Massage und man übt isoliert das Becken anzusteuern.
Auch der Übergang zu einer kleinen Brücke ist gut möglich. Wenn der ganze Rücken abliegt, setzt man den Weg fort und rollt Wirbel für Wirbel auf und wieder ab. Hier hat man eine schöne Mobilisation/ Warm up für die ganze Wirbelsäule. Hält man das Becken angehoben, öffnet sich zusätzlich der Brustbereich und man schafft Länge in der Leiste sowie in der ganzen Körpervorderseite.

Nach der kleinen Brücke ist es angenehm die Beine an den Oberkörper heranzuziehen. Gerne von rechts nach links schaukeln und dabei die ganze Fläche des Rückens massieren.

Happy Baby bietet sich ebenfalls an. Das dehnt und entspannt den unteren Rücken sowie die Gesäßmuskulatur und öffnet die Hüfte.

Die Beine wieder aufgestellt, kann man das Becken „dotzen“ lassen. Also so 1-3 cm das Becken heben und wieder „fallen“ lassen, dynamisch. Das lockert den unteren Rücken/ das ISG Gelenk. Optisch vielleicht eine etwas komische Übung, aber einfach ausprobieren, wie es sich anfühlt, ob es einem was bringt.

Dehnung & Hüfte

Diverse Hüftrotationen und Dehnungen der Hüftmuskulatur sind dem unteren Rücken sehr willkommen. Da die Hüfte ein Kugelgelenk ist, muss es in alle Richtungen bewegt werden können. So setzten an der Hüfte viele Muskeln und Bänder an und Verspannung dort können auch in den unteren Rücken ziehen

Bzgl Dehnung & Außenrotation bietet sich beispielhaft im Liegen an:
– Der kleine Twist (Füße mattenweit aufstellen und die Knie zu einer Seite absenken) sowie natürlich andere „gedrehte“ Varianten.
Das Nadelöhr/ die Taube liegend. Hier dehnt man vor allem den Piriformis im Gesäß, der sich gerne verspannt und dann auf den Ischiasnerv drückt, was oftmals zu Rückenschmerzen führt.

Kräftigung: Core Übungen

Die Kräftigung ist eine weitere wichtige Komponente – insbesondere die der Bauchmuskulatur. Wir kräftigen die Bauchmuskeln als Gegenspieler von der Rückenmuskulatur. Heißt, wenn wir Bauchmuskeln kontrahieren erzeugen wir eine Co-Kontraktion im unteren Rücken. Das Becken richtet sich auf, der untere Rücken gewinnt an Länge, die Wirbelsäule erfährt mehr Stabilität. Das Bild / Gefühl eines Korsetts kommt dem recht nahe.
Unter den Bauchmuskeln möchte man in erster Linie den Transversus trainieren, das ist die ganz tief liegende quere Bauchmuskulatur.
Dafür gibt es ganz viele tolle Core-Übungen. Diese decken sich oder ähneln oft denen von Pilates.

Ein Beispiel:
In Rückenlagen prüft man, ob das Becken neutral auf dem Boden liegt und setzt die Bandhas. Ohne Veränderung in der Beckenposition und im Rumpf, heben sich die Beine an – Knie über der Hüfte, Ober- zu Unterschenkel ca. 90 Grad. Dann bewegen sich die Knie etwas vom Rumpf weg. Nur so weit, dass immer noch alles am Platz bleibt, die hinteren unteren Rippen lösen sich nicht, der Bauchnabel bleibt innen…
Die Knie wieder zurückführend, beginnt man mit Wiederholungen. Die Atmung unterstützt uns wie immer im Yoga.

Wirbel für Wirbel aus der Kraft der Mitte zum Sitzen aufrollend, kann man natürlich im Sitz einige schöne Übungen für eine starke Mitte ausführen, wie z.B. (Varianten von) das Boot.

Alles für den unteren Rücken

Im 4 Füßler-Stand sehr bewährt ist die Mobilisation mit Katze & Kuh. Wir runden uns von Steißbein bis Scheitel und wechseln in ein geführtes Hohlkreuz (aus einer starken Mitte).
Gerne auch variieren und nur mit der Beckenkippung arbeiten.

Ein Bein hebt auf Hüfthöhe, der Gegenarm lang nach vorne (Tiger). Die Ferse schiebt hinten wie gegen eine Wand, die Finger mehr nach vorne. Ziel ist es, sich mehr und mehr noch zu strecken, Länge zu erzeugen und dabei Stabilität zu erreichen.

Kräftigung, Stabilität und Mobilisation verbindet man sehr schön, wenn man schließlich Ellenbogen und Knie zusammenbringt (sich klein macht/ rund wird) und wieder zurück in die Länge kommt. Wiederholungen im Fluss der Atmung.

Der „pinkelnde Hund“ lässt aus dem 4-Füßler ein Bein auf 90 Grad seitlich anheben und senken. Dabei muss man sich aus aus einem starken Körperzentrum mittig halten und schafft Bewegung in der Hüfte.

Kurze „Verschnaufspause“ in der Position des Kindes. Der Rücken kann sich ausbreiten, die Atmung fließt bis in den unteren Rücken. Man kann den Rücken versuchen richtig schön in die Länge & Breite zu atmen.

Über den Herabschauenden Hund, in dem man den Rücken schön streckt oder gerne mal die Beckenkippung üben kann, gelangt man gut in die stehende Vorbeuge.
Hier heißt es vom unteren Rücken loslassen. Ich pendel mich gerne aus, mache Wellenlinien mit der ganzen Wirbelsäule (Elefantenrüssel)…

Zum Stehen Wirbel für Wirbel aufgerollt, kommt man in einem aufrechten Stand an. Füße geerdet, Beine lang, Becken aufgerichtet und natürlich wieder Länge von Steißbein bis Scheitel. Wenn alles „übereinander“ gesetzt ist, auch der Kopf möglichst „schwerelos“ im Lot, es wirken keine unnötigen Kräfte auf die Wirbelsäule. Man steht trotz -oder gerade wegen- einer gewissen Grundspannung möglichst frei – groß und selbstbewusst.

Diese Aufrichtung in der Wirbelsäule sucht man durchgehend in den diversen Standpositionen (wie dem Berg, den Krieger Positionen/ Variationen, dem Baum & in sämtliche Balancen etc.).

An den Hüft-/ Gesäßmuskeln ist neben der Dehnung natürlich auch die Kräftigung wichtig. Diese spüren wir besonders schön z.B. im Blitz, Krieger 3 oder Halbmond.

Wie oben erwähnt, ist es nur eine kleine Auswahl. Natürlich gibt es viele weitere Asanas.
So kann einen in der Yogastunde die Kobra oder Heuschrecke in verschiedenen Variationen ein kräftigendes Rückentraining bringen.
Die Taube dehnt den Hüftbeuger der einen Seite und öffnet im Hüftgelenk des anderen Beins bzw. dehnt dort auch wieder den Piriformis.

Die gequrätschte Position in Verbindung mit einem Stretch oder kleinen Rotationen ist im Stand wie auch Sitz eine gute Übung.

Cool down für den Lendenbereich

krokodilGegen Ende der Yogapraxis finde ich es z.B sehr schön den geschlossenen Winkel (Hüftausenrotation) sitzend oder auch liegend zu machen.
Die Kuhkopf Asana besteht aus einer Hüftinnenrotation, die wir in weniger Asanas finden und ist im Liegen für viele leichter & entspannter auszuführen als sitzend.
Liegend im Krokodil (Absenken beider (angebeugter) Beine zu einer Seite) dreht man die Wirbelsäule nochmal in eine Spirale und dehnt je nach Intensität Gesäßmuskulatur und Abduktoren.
Abschließend mit je einer Hand auf einem Knie, kann man die Beine in Kreisen führen, was Lockerheit im Hüftgelenk und eine Massage im unteren Rücken herbeiführt. (weitere Alternative: Apanasa)
Vor Savasana schüttel ich gerne immer noch mal Arme und Beine in der Luft aus. Alle Gelenke lockern – ablegen – entspannen. 🙂