„Die Lehre des Buddha ist nicht dazu gedacht, als bloßes Wissen bewahrt zu werden, nein, sie soll zur Entwicklung unseres Geistes benutzt werden.“
Tenzin Gyatso, XIV. Dalai Lama

W-Fragen zum Buddhismus

Der Buddhismus ist eine Religion. Was heißt eine – es ist die viertgrößte Religion nach dem Christentum, dem Islam und dem Hinduismus und zählt weltweit um die 450 Mio. Anhänger. Doch neben Religion wird der Buddhismus auch als Denktradition oder Wissenschaft beschrieben, inkl. einer ganzen Philosophie, die dahinter steht.
Weltweit findet man die meisten Buddhisten in Asien und gut die Hälfte aller Anhänger lebt in China. Erst seit dem 19 Jh. ist der Buddhismus in Australien und Europa verbreitet. Die Wurzeln des Buddhismus liegen jedoch in Indien – genau wie, Überraschung, im Yoga. Dort lebte ca. fünf Jahrhunderte v. Chr. Siddhartha Gautama, der den Ehrentitel Buddha trägt. Also ein Erwachter (bodhi = erwachen). Er gilt zudem als “historischer Buddha”, da er tatsächlich lebte, was ihn von mythischen Buddhas unterscheidet.

Als Erwachter, so besagt es die buddhistische Lehre, hatte Siddhartha Gautama eine umfassende, tiefgehende und befreiende Einsicht in Bereiche allen Lebens: Verständnis des Geistes, der Natur, aller Dinge. Er erkannte das leidhafte Dasein, das sich aus Umwelt und Menschen ergibt und wie man es überwinden kann. So ergibt sich folgendes “Ziel” im Buddhismus: die Lehren (und die Methodik) befolgen, um so auch diese Erkenntnis zu erlangen.
Dass diese hohe Bewusstseins-Ebene jedem zugänglich sein kann und soll, sagte auch Buddha selbst, der sich übrigens nicht als Gott oder Prediger von göttlichen Botschaften sah. Er hat die Lehren bzw. das Wissen nicht durch eine Art Offenbarung, sondern durch mediative Betrachtung des Inneren (Kontemplation) erhalten.
Dennoch geht es nicht darum, allem blind zu folgen oder es akribisch zu übertreiben. Das richtig Maß ist genauso wichtig, wie Selbstverantwortung und kritische Betrachtungen.

Was man schon herauslesen konnte: es gibt keinen allmächtigen Gott. Das ist der große Unterschied zu den anderen Religionen. Hinter dem Buddhismus steht eine Philosophie über das Wissen von unserem Bewusstsein und dessen Funktion, in Verbindung mit einer Methode zur Entwicklung des eigenen Geistes. Das als Religion zu betrachten kommt europäischen Vorstellungen häufig entgegen. Doch auch wenn Buddhismus damit eine Art Wissenschaft ist, kann es dennoch ein spiritueller, religiöser Weg sein. Ein Weg, der alle Lebensbereiche erfassen und durchdringen will. Der Buddhismus lehrt nicht von einem entfernten Jenseits, sondern will mittels innerer Erfahrung und rationaler Argumente den einzelnen Menschen und die ganze Gesellschaft positiv beeinflussen.

Auch ohne tiefer einzusteigen, stellt man schnell fest, dass der Buddhismus auch mit dem Christentum Parallelen hat. Gemeinsam haben sie z.B. einige Gebote, die ich im nächsten Abschnitt aufführe. Zudem sprechen beide vom Leid der Welt und Möglichkeiten es zu überwinden.

Die Lehre: Dharma

Diese auch als “Richtschnur” oder gar “Gesetzmäßigkeit der Welt” bezeichnete Lehre beinhaltet (soziale) Gesetze, Rechte und Sitten. Es sind also die ethischen, moralischen und religiösen Verpflichtungen bzw. Tugenden für den Mensch in seinem Leben.
Verschiedene Schriften nennen als besonders wichtige Tugenden u.a.:

  • Wahrhaftigkeit (satyam)
  • Enthaltung von Gewalt (ahimsa)
  • Enthaltung von Diebstahl (asteyam)
  • Geistige und körperliche Reinheit (saucam)
  • Zügelung der Sinne (indriya-nigraha)
  • Selbstkontrolle (dama)
  • Mitgefühl (daya)

Hier erkennen wir sicher schon: das sind auch Aspekte, die in den Yamas und Niyamas genannt sind. Des weiteren, wie eben angekündigt, sind es “Teile” der 10 Gebote:
Du sollst nicht töten, nicht stehlen, nicht Ehe brechen, nicht falsch Zeugnis sprechen…

In der uns, auch aus dem Yoga, bekannten Bhagavadgita finden wir sie auch:
Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Zornlosigkeit, Entsagung, Nicht-Verleumdung, Mitgefühl für die Lebewesen, Begierdelosigkeit, Milde, Bescheidenheit, Vergebung, Beständigkeit, Reinheit, Fehlen von Feindseligkeit etc.

Ein aus den Lehren zentraler Punkt bzw. die Grundanschauung überhaupt:

Die Vier Edlen Wahrheiten

1. Alle sind dem Leiden unterworfen
Dieses Leiden entsteht z.B. durch Schmerz, Krankheit, Erschöpfung, Frustration, Trauer, Angst uvm. – eben alle was den Geist trübt. Auch das kennen wir als die Hindernisse aus dem Yoga Sutra.

2. Leiden wird durch Begehren bedingt
Die Ursache allen Leidens liegt im Festhalten an vergänglichen Dingen bzw. dass man nicht wahrhaben will, dass diese Dinge eben vergänglich, im Wandel, sind. Verbunden mit dieser Anhaftung sind Verlangen und Gier. Zusammen führt es zu Täuschung, falscher Wahrnehmung und Unwissenheit. Auch das hat man im Yoga (Sutra) schon gehört.

3. Erlöschen der Ursache des Leidens
Das Leiden (nirodha) soll durch Aufhebung des sinnlichen Verlangens und der geistigen Anhaftung beendet werden können. Um zu einem Zustand frei von Sorgen, Problemen, falschen Vorstellungen (Nirwana) zu gelangen, muss man aktiv üben, kontinuierlich einen fortlaufenden Weg mit mehreren Stufen angehen.

4. Der Weg, der das Leiden beendet: Der Edle Achtfacher Pfad
Hier kommt uns sicher gleich der Achtgliedrige Pfad in den Sinn mit dem er auch Gemeinsamkeiten hat.
Der Edle Achtfacher Pfad entspricht einem sukzessiven Prozess der Selbstverwirklichung.
Der Weg zur Beendigung des Leidens kann sich über mehrere Leben erstrecken und soll letztlich zur Beendigung des Zyklus der Wiedergeburt führen.

Der Edle Achtfacher Pfad

Die acht Glieder können grob in drei Gruppen geteilt werden:

  • 1-2 Weisheit (panna)
    Hier geht es um das “richtige” oder “rechte” Denken und Streben, die rechte Sicht, Anschauung und Motivation etwas zu tun.
    Es entspricht also der inneren Haltung. Schlicht gesagt: eine offene Haltung, um Dinge zu sehen wie sie sind.
  • 3-5 Sittlichkeit (sila)
    Wie das Wort verrät, geht es hier um die ethischen Sitten. Das Verhalten nach außen:
    richtig/ wahr/ klar sprechen, richtig agieren und handeln.
  • 6-8 Vertiefung (samadhi)
    Vom Ausrichten und Trainieren des Geistes bis hin zum spirituellen Weg.
    Stichpunkte hier sind:
    Erkenntnis, Bewusstseinsschulung und geistige Durchdringen durch Meditation, Konzentration, Sorgfalt, Aufmerksamkeit & Achtsamkeit

Man erkennt durchaus die Parallelen zum Yoga-Pfad. Wie im Yoga ist auch hier der Pfad kein Weg von Stufe 1 zu 8, sondern alle sind wichtig und sollten gleichzeitig angegangen / beachtet / geübt werden. Alle bedingen einander. Bsp: Ist das Bewusstsein ruhig und klar, wird die Intelligenz voll ausgeschöpft und was die Persönlichkeit reifer werden lässt.

Zusammengefasst ist die Praxis des Buddhismus ein bestimmtes Handeln in einem System klar formulierter Anschauung und bewusste Meditation.

Wie ordnen wir hier Karma ein?

Der Begriff Karma bedeutet: Tun/ Handeln/ Wirken.
Gemeint ist das sinnliche Begehren und Anhaften (also Verlangen, Gier, Hass, starker Egoismus etc.), welches sich in Taten äußert, die wiederum auf die Person und die Menschen um einen herum eine (Aus)Wirkung herbeiführen.
Nach dem Ursache-Wirkungsprinzip bezieht sich Karma auf alle Ebenen von Denken, Fühlen, Handeln. Ergebnis ist gutes oder schlechtes Karma. Beides ist Grund für die Wiedergeburten (Samsara). Wie erwähnt ist es das oberste Ziel diesem Kreislauf zu entkommen. Dafür, so heißt es, darf man kein Karma mehr erzeugen, was bedeutet, dass die eigenen Handlungen keine Spuren mehr hinterlassen dürfen. Demzufolge müssen die “Karma-Aspekte” erkannt und überwunden werden. Das scheint, und gilt auch oft, als unerreichbar, weswegen es meist eher um das Anhäufen von gutem Karma geht.
Karma Yoga: Yoga der Tat. Selbstloses Dienen, Handeln, als ein Weg zu Erleuchtung.

Nirwana, das Verlöschen

Nirwana ist nicht der Begriff für Himmel, Paradies oder das Nichts, was manch einer damit verbindet, sondern gilt als die höchste Wirklichkeitsstufe des Bewusstseins. Dort herrscht keine Ich-Anhaftung, keine Aggression, kein Leid – alles kommt zum Stillstand. Es besteht kein Drang sich in der Welt zu beweisen. Dafür ist der Zustand von absoluter Geistesgegenwärtigkeit und Präsenz geprägt. Alles ist klar, transparent und lebendig.
Aber genau kann es nicht beschrieben werden, man muss es wohl selbst erfahren. Was wir auch von samadhi her kennen.
Es entsteht in Folge meditativer Übung und Achtsamkeitspraxis und ist die vom Bewusstsein erfahrbare Dimension des Letztendlichen. Der Buddha (Siddhartha Gautama) lebte und lehrte Jahrzehnte in diesem Zustand.

Mediation & Achtsamkeit im Buddhismus

Das Leben nach den ethischen Regeln und das intellektuelle Erfassen der Lehre reichen für eine erfolgreiche “Buddha-Praxis” nicht aus. Darum ist die Meditation und Achtsamkeitspraxis ein essentieller Bestandteil.

Achtsamkeitspraxis:
achtsam, bewusst, sorgsam und aufmerksam gegenüber seinem Körper, Geist
und der Seele/ den Gefühle. Ebenso gehört die Konzentration auf ein zu
betrachtendes Objekte dazu. Oder um die Worte aufzugreifen, die man so häufig
in der Yogapraxis hört: Das Üben im Hier und Jetzt. Alles klar, bewusst, aber
nicht wertend wahrnehmen.

Es gibt natürlich eine große Vielfalt an Meditationen und davon wiederum unzählige Varianten, entstanden aus verschiedenen Traditionen, buddhistischen Richtungen, der Verbreitung über die Länder sowie Anpassungen an Mensch und Zeit.
Ein Grundsatz oder die Grundübung ist aber, wie aus dem Yoga bekannt, das aufrechte Sitzen und die Konzentration auf den Atem. So ist die Atembeobachtung und-führung eine Meditationsart. Um ein paar weitere Formen zu nennen, die auch im Yoga praktiziert werden: Mantra-Rezitation, Visualisierung, thematisch ausgerichtete Kontemplation oder Gehmediation.

Abgesehen von den genannten “höheren Zielen” (Nirwana, Ende der Wiedergeburten) sind es die folgenden Punkte, die bei der Meditation angestrebt werden:

  • Schulung der Achtsamkeit
  • Sammlung und Beruhigung des Geistes
  • Klare, bewussten Wahrnehmung bis hin zum “tiefen Sehen”
  • Kultivierung von Mitgefühl mit allen Wesen

Buddhismus ist im Westen oft als “Meditationsreligion” bekannt, auch deswegen ist der Aspekt der Meditation der attraktivste. Die Vorstellung von eigener, selbst herbeigeführter, religiöser Erfahrung scheint ansprechend zu sein.
Tatsächlich sollte man aber nicht vergessen, dass Meditation nicht gleich Buddhismus ist und umgekehrt. Man muss bedenken, dass buddhistische Meditationstechniken auf eine spezifische Weltanschauung aufbauen. Es sind also nicht nur irgendwelche Methoden zur Steigerung des Wohlbefindens. Zudem hat laut der Geschichte sogar nur eine Minderheit wirklich intensiv meditiert.

 

Quellen:
Bücher

  • Einführung in den Buddhismus von Michael von Vrück, Verlag de Weltreligion
  • Buddhismus Handbuch und kritische Einführung, von Oliver Freiberger / Christoph Kleine, Vadenhoeck Ruprecht
  • Buddhismus Grundwissen, von Nils Horn, BookRix Gmbh & Co.KG

Internet

  • Wikipedia.de
  • buddhawege.de

App

  • Basic Buddhism (Jurassic Apps)